Robert Domes liest aus seinem Jugendroman "Nebel im August"

www.gymnasium-marktoberdorf.de Am Donnerstag, dem 5. Februar 2009, kamen der Autor Robert Domes und der ehemalige Leiter des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren, Dr. Michael von Cranach, an unsere Schule, um den 8. und 9. Klassen den Roman „Nebel im August“ und dessen Hintergründe vorzustellen. Das Buch ist die tragische und bewegende Lebensgeschichte von Ernst Lossa, einem Jungen aus dem fahrenden Volk der Jenischen, der im Dritten Reich aufwächst, früh von seinen Eltern getrennt wird, von Heim zu Heim geschoben wird und, obgleich völlig gesund, als „asozialer Psychopath“ im Alter von nur 14 Jahren in der Heil- und Pflegeanstalt Irrsee 1944 der Euthanasie zum Opfer fällt.

Historischer Überblick über die Geschichte der Euthanasie und die Rolle der Heil- und Pflegeanstalt Irsee durch Dr. Michael von Cranach

Dr. Michael von Cranach gab zu Beginn der Veranstaltung einen historischen Überblick, in dem er die Entstehungsgeschichte der Euthanasie in Deutschland und besonders in Kaufbeuren mit Hilfe einer Bilderpräsentation darstellte und damit den etwa 200 Schülerinnen und Schülern informative und hilfreiche Hintergrundinformationen zu der Zeit, in der das Buch spielt, lieferte. Der Kaufbeurer Robert Domes wurde durch die Recherchen, die Dr. Cranach schon in den 1980er Jahren begann, auf das verstörende Thema der nationalsozialistischen Euthanasie aufmerksam, fing an, mehr über Ernst Lossa herauszufinden und setzte sich zum Ziel, diesem besonderen Jungen in Form eines Romans über sein Schicksal seine Würde zurückzugeben. Zu Beginn seiner Lesung beschrieb Robert Domes den Marktoberdorfer Gymnasiasten erst einmal das viel zu kurze Leben des Ernst Lossa und erklärte, dass die Figuren und Fakten im Buch mit größter Sorgfalt recherchiert wurden und historisch belegt sind, dass es sich bei seinem Buch aber trotz alledem um einen Roman handele, da er das Gerüst aus Fakten mit fiktiven Szenen, Dialogen, Handlungen und Gefühlen versehen habe, um ein anschauliches Bild des Schicksals von Ernst Lossa zu zeichnen. Es war also nicht unbedingt jede Einzelheit so, wie im Roman dargestellt, aber es hätte durchaus so sein können. Danach las er einige Stellen aus „Nebel im August“ vor, u.a. Ernsts Situation in den verschiedenen Heimen.

Eindringliche Darstellung des unmenschlichen Schicksals von Ernst Lossa

Die darin deutlich werdende Bösartigkeit und Unmenschlichkeit der Ärzte und Pfleger, die psychische und körperliche Brutalität einiger „Mitinsassen“, die seltenen Momente der Solidarität und der Menschlichkeit hat Robert Domes im Roman einfühlsam und bewegend in einer bildreichen Sprache ohne falsches Pathos wiedergegeben. Allerdings war Domes‘ Vortragsstil für manche Zuhörer vielleicht etwas zu „freundlich-beschwingt“, auch wenn der plaudernd-gemütliche Ton wohl bewusst als Kontrast zum beklemmenden Inhalt gewählt wurde. Für Schüler, die das Buch nicht als Klassenlektüre gelesen haben, war es außerdem nicht immer ganz leicht, die Geschehnisse richtig einzuordnen, da manchmal die Handlung zwischen den Lesestellen etwas knapp zusammengefasst wurde. Dennoch fand der Vortrag insgesamt bei den Schülerinnen und Schülern großen Anklang, auch weil der Autor im Anschluss noch ausführlich auf Fragen aus dem Publikum einging und zu jeder Minute spürbar war, wie wichtig ihm und Dr. Michael von Cranach die Auseinandersetzung mit dem Thema Euthanasie ist und wie sehr beide das Schicksal von Ernst Lossa berührt hat. Das hat sich auch auf das Publikum übertragen, das am Ende langen Applaus spendete.

Sarah Schillinger, 9m